EuGH-Entscheidung: Genehmigung der Wolfsjagd in Ausnahmefällen

Der EuGH hatte zu entscheiden, unter welchen Bedingungen von den strengen Schutzbestimmungen der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) abgewichen werden darf, um eine Jagd auf Wölfe nach Artikel 16 zuzulassen.

Tapiola, eine finnische Umweltschutzvereinigung, beanstandet vor den finnischen Gerichten zwei Bescheide der finnischen Wildtierbehörde, mit denen zwei Jägern jeweils eine Ausnahmegenehmigung für die Tötung von insgesamt sieben Wölfen im Zeitraum zwischen dem 23.01. und dem 21.02.2016 in der Region Nordsavo erteilt wurde. Mit diesen Ausnahmegenehmigungen wurde ebenso wie mit dem Bestandspflegeplan für den Wolf, in dessen Rahmen sie erteilt wurden, das Ziel verfolgt, die Wilderei einzudämmen. Die Verhinderung von Schäden an Hunden und die Erhöhung des allgemeinen Sicherheitsgefühls der Menschen, die in der Nähe der von den Wölfen besiedelten Gebiete wohnen, wurden als hierfür geeignete und eng mit diesem Ziel verknüpfte Maßnahmen dargestellt, da ihre Durchführung nach den Angaben der Wildtierbehörde dazu beitragen soll, die "gesellschaftliche Toleranz" der örtlichen Bevölkerung gegenüber dem Wolf zu erhöhen und damit die illegale Jagd zu verringern.
Der Oberste Verwaltungsgerichtshof Finnlands möchte in diesem Zusammenhang vom EuGH wissen, ob die Habitatrichtlinie 92/43 (konkret ihr Art. 16 Abs. 1 Buchst. e) dem Erlass von Entscheidungen entgegensteht, mit denen Ausnahmen von dem in dieser Richtlinie niedergelegten Verbot der absichtlichen Tötung von Wölfen im Rahmen der bestandspflegenden Jagd genehmigt werden und das Ziel der Bekämpfung von Wilderei verfolgt wird.

Der EuGH hat dem Obersten Verwaltungsgericht Finnlands wie folgt geantwortet:

Art. 16 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.05.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen ist dahin auszulegen, dass er dem Erlass von Entscheidungen entgegensteht, mit denen Ausnahmen von dem in Art. 12 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. Anhang IV Buchst. a dieser Richtlinie niedergelegten Verbot der absichtlichen Tötung von Wölfen im Rahmen der bestandspflegenden Jagd genehmigt werden und das Ziel der Bekämpfung von Wilderei verfolgt wird, wenn

- das mit diesen Ausnahmen verfolgte Ziel nicht klar und deutlich belegt wird und die nationale Behörde nicht anhand fundierter wissenschaftlicher Daten nachzuweisen vermag, dass diese Ausnahmen geeignet sind, dieses Ziel zu erreichen,

- nicht hinreichend nachgewiesen ist, dass das mit ihnen verfolgte Ziel nicht durch eine anderweitige zufriedenstellende Lösung erreicht werden kann, wobei das bloße Vorliegen einer illegalen Aktivität oder die Schwierigkeiten, denen bei der Durchführung der Kontrolle dieser Aktivität begegnet wird, hierfür nicht ausreichen können,

- nicht gewährleistet ist, dass der günstige Erhaltungszustand der Populationen der betreffenden Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelungen gewahrt bleibt,

- in Bezug auf die Ausnahmen keine Bewertung des Erhaltungszustands der Populationen der betreffenden Art sowie der voraussichtlichen Auswirkungen der in Betracht gezogenen Ausnahme auf diesen bezogen auf das Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats oder gegebenenfalls bezogen auf die betreffende biogeografische Region, wenn sich die Grenzen dieses Mitgliedstaats mit mehreren biogeografischen Regionen überschneiden oder das natürliche Verbreitungsgebiet der Art dies erfordert, und soweit möglich grenzüberschreitend vorgenommen wurde und

- nicht sämtliche Bedingungen erfüllt sind, die sich auf die Entnahme einer begrenzten und spezifizierten Anzahl von Exemplaren bestimmter in Anhang IV der Habitatrichtlinie genannter Arten unter strenger Kontrolle, selektiv und in beschränktem Ausmaß beziehen; die Erfüllung dieser Bedingungen ist u.a. unter Berücksichtigung der Größe der Population, ihres Erhaltungszustands und ihrer biologischen Merkmale nachzuweisen.

Es ist Aufgabe des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob dies im Ausgangsverfahren der Fall ist.

juris-Redaktion
Quelle: Pressemitteilung des EuGH v. 10.10.2019

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